Wissenschaft und christlicher Glaube. Widerspruch oder Komplementär?
Achim Schnell
veröffentlicht am 22.8.2023
Wissenschaft – und Glaube. Stehen sie im Widerspruch zueinander? So jedenfalls wird es von vielen wahrgenommen. Die Bibel sei voller naiver Märchen, während die Naturwissenschaftler, die allesamt tendenziell atheistisch gesinnt wären, immer mehr Wahrheit ans Licht brächten und den Glauben an einen allmächtigen Gott obsolet machen würden. Was könnte man dem entgegnen?
Vieles könnte darauf erwidert werden, aber um mal eine ganz grundsätzliche Linie zu betrachten, werfen wir zunächst einen Blick auf den Anfang der Bibel. Dort sehen wir bereits im zweiten Kapitel (Genesis 2:18), dass schon zu Beginn Gott – so könnte man sagen – die Wissenschaft förderte: Der erste Mensch sollte die Tiere benennen. So gesehen war er quasi der erste Biologe: Er schuf dadurch die erste Taxonomie des Tierreichs. Zudem lesen wir, dass Gott den Menschen in seinem Ebenbild erschuf (Genesis 1:27). Zu dieser Ebenbildlichkeit zählen auch Kreativität und Neugierde – Eigenschaften, die in der Wissenschaft elementar sind. Gott setzte den Menschen in eine geheimnisvolle Welt, die er erfahren und erforschen könnte. Gerade, dass der Gott der Bibel als ein Gott der Ordnung und der Kreativität vorgestellt wird (1. Kor 14:33), inspirierte die Menschen diese Ordnung und Logik dann auch zu entdecken. So heißt es auch an einer anderen Stelle (Psalm 111:2): „Groß sind die Werke des HERRN; wer sie erforscht, der hat Freude daran.“
Demnach ermuntert die Bibel sogar, die Schöpfungswerke zu erforschen. Und gerade dieses Konzept eines Schöpfergottes, dessen Geschöpfe seine Welt entdecken dürfen, prägte gerade auch die Entwicklung der modernen Wissenschaft:
So sehen einige Historiker (J.L. Heilbron, Alistair Cameron Crombie, David Lindberg, Edward Grant, Thomas Goldstein) das Christentum des Mittelalters nicht im Widerspruch zur Wissenschaft. Gerade die mittelalterlichen Klöster überlieferten und pflegten viele Schriften der Antike und förderten somit wissenschaftliches Denken. Und gerade in dieser Zeit wurden Universitäten gegründet, die aus den Kloster- und Domschulen hervorgingen. Die westliche moderne Wissenschaft hat also seine Wurzeln in christlichen Bildungseinrichtungen. Thomas von Aquin beispielsweise, einer der einflussreichsten katholischen Theologen, sah Vernunft und Glaube nicht im Widerspruch. Seiner Sicht nach kann die Vernunft (und damit auch wissenschaftliche Forschung) dem Glauben zu Hilfe kommen. Es ist also kein Zufall, dass die moderne Wissenschaft gerade in der jüdisch-christlichen westlichen Welt ihre Wiege hat.
Auch in späterer Zeit nach dem Mittelalter während der Renaissance und der wissenschaftlichen Revolution waren es insbesondere gläubige Forscher, welche den Erkenntnisgewinn voranbrachten. Es waren eben hauptsächlich nicht atheistisch geprägte Wissenschaftler, die zur wissenschaftlichen Revolution beitrugen, wie es manche gerne darstellen. Beispielsweise Isaac Newton äußerte sich folgendermaßen:
Die wunderbare Einrichtung und Harmonie des Weltalls kann nur nach dem Plane eines allwissenden und allmächtigen Wesens zustande gekommen sein. Das ist und bleibt meine letzte und höchste Erkenntnis.
Kopernikus, selbst Priester und Astronom, Entdecker des heliozentrischen Weltbildes, sprach von einem allwirkenden Erbauer der Welt und der Astronom Johannes Kepler fasste seine Arbeit mit dem Satz “Astronomie treiben heißt, die Gedanken Gottes nachlesen” zusammen. Auch der Physiker Max Planck, der Mathematiker Blaise Pascal sowie der berühmte Ingenieur und Erfinder der Glühbirne, Thomas Edison, sprachen von ihrem Glauben an (den christlichen) Gott. Und auch Galileo, der von Atheisten gerne als Widerstandskämpfer gegen die Kirche angeführt wird, sagte: “Die Mathematik ist das Alphabet, mit dem Gott das Universum geschrieben hat.” Und sogar der wohl berühmteste Physiker Einstein, der auch nicht als Atheist eingruppiert werden kann, äußerte über das Verhältnis von Glauben und Wissenschaft: “Wissenschaft ohne Religion ist lahm, Religion ohne Wissenschaft ist blind” und “im unbegreiflichen Weltall offenbart sich eine grenzenlos überlegene Vernunft.”
Nein - der christliche Glaube ist kein Wissenschaftshemmer, weil er davon ausgeht, dass die Welt, in der wir leben von Gott erschaffen worden ist. Vielmehr regt die Bibel dazu an, Gottes Welt zu erforschen und sich dabei von der Schönheit, Komplexität und Genialität des von ihm geschaffenen faszinieren zu lassen und letztlich ihn selbst dahinter zu erkennen.