Gott und die Zeit – wie und wann existiert Gott?

Rolf Marcel Fischer
veröffentlicht am 22.4.2025

Einleitung
Über Gott nachzudenken, ist ein schwieriges Unterfangen. Nicht nur aufgrund der vielen Fragen und Probleme hinsichtlich der Erkenntnis Gottes und der vielen Ansichten darüber, sondern vor allem deshalb, weil das, was wir „Gott“ nennen, per Definition jede Vorstellung übersteigt: Er ist ewig (zeitlos), immateriell (Er ist nicht durch Materie begrenzt), transzendent (jenseits der Sinne existierend), unveränderlich (es gibt keine Veränderung in Gott), omnipotent (er vermag alles in den Grenzen der Logik), allwissend (er weiß alles über alles), selbstgenügsam, notwendig, absolut frei, absolut gut und noch vieles mehr – und das sind nur die Attribute Gottes, die wir aus der Vernunft herleiten können. Nehmen wir die biblischen Attribute Gottes dazu, wird es noch komplizierter: gut, heilig, gerecht, barmherzig, gütig, langmütig, zugewandt und Gott IST die Liebe.
Wenn man ehrlich vor sich selbst ist, stellt man fest, dass man kann keine Ahnung hat, was das genau meint oder wie man sich das vorstellen kann: Wie soll etwas außerhalb der Zeit existieren, jenseits von Zeit, Raum und Materie? Unsere Vernunft ist für die Existenz innerhalb des Raum-Zeit- Kontinuums geschaffen, sodass wir uns nicht einmal ein bisschen vorstellen können, wie das bitte sein kann, dass etwas „ewig“ ist.
Auch die biblischen Attribute sind da nicht besser: Es ist eine Sache zu sagen, dass jemand gerecht handelt, aber gerecht zu SEIN, ist eine ganz andere Kategorie: Es macht Gottes innerstes Selbst aus, gerecht zu sein. Er kann gar nicht ungerecht sein und damit auch nicht ungerecht handeln. Beide Aspekte dabei sind für uns unvorstellbar: Wie genau Gerechtigkeit Teil Seines Wesens sein soll und warum es bei Gott nicht anders sein kann. Warum ist das unvorstellbar? Nun, das liegt daran, dass wir an Raum, Zeit und Materie gebunden sind: Wir können immer wo-anders, wann-anders und wie-anders existieren. Es gibt bei uns immer die Möglichkeit der Veränderung – sei es zum Guten oder zum Schlechten. So kann es zwar sein, dass ein Mensch ein tausendmal tendenziell gerecht handelt, aber das ist weder eine Aussage über dessen Wesen, noch gibt es die Gewissheit, dass diese Person auch in Zukunft genauso handeln wird. Würden sich die Umstände ändern, wäre es denkbar, dass auch der gerechteste Mensch auf der Welt, ungerecht handeln könnte.
Bei Gott ist es nicht so: Es ist Teil seiner Natur, gerecht zu sein. Er verkörpert völlige und absolute Gerechtigkeit, und da sich sein Wesen nicht ändern kann – er ist unveränderlich – kann er auch nicht ungerecht sein oder gar ungerecht handeln. Es wäre ein logischer Widerspruch, dies von Gott zu behaupten.
Ähnlich ist es mit den meisten Attributen Gottes: Wir wissen durch die Vernunft oder durch die Offenbarung, wie Gott ist und mögen auch die Wörter definieren können, aber eigentlich haben wir keine Ahnung, was Gott genau ist und wie man sich das vorstellen mag.
Dies ist nicht anders, wenn es um eines der wichtigsten Fragen geht: die Zeit. Gott ist ein ewiger Gott – Er hat immer existiert und wird immer existieren. Es gab keinen „Punkt“, an dem Gott nicht war oder entstanden ist. In Gott existiert keine Zeit. Doch was meint das? Ist in Gott Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft immer präsent? Wie soll Gott dann innerhalb von Raum und Zeit handeln, wenn es in Ihm kein zeitliches Vergehen gibt? Kann Gott dann gar nicht in der Zeit handeln?
Diese Fragen sind hochkompliziert und sehr kluge Menschen zerbrechen sich den Kopf darüber. Im folgenden Artikel soll für das Problem sensibilisiert, die Positionen geschärft und die Vor- und Nachteile der jeweiligen Positionen beleuchtet werden. Abschließend wird der Artikel zusammengefasst und dargelegt, welche Relevanz dies für den apologetischen Diskurs hat.
Die vier wichtigen Positionen
Ein sehr gutes Buch über dieses Thema ist William Lane Craigs Buch God and Time: Four Views. In diesem Buch präsentiert er vier verschiedene Positionen zur Beziehung Gottes zur Zeit. Diese Positionen wurden von unterschiedlichen Philosophen vertreten und jede Position hat ihre Vor- und Nachteile.
1. Gott ist zeit-los (Atemporalismus)
Position
Die erste Position ist die klassische theologische und philosophische Position. Man könnte sie auch die rein philosophische nennen, da sie das Problem vor allem aus philosophischer Perspektive. Der Name sagt schon alles: A-Temporalismus. „A“ ist ein griechisches Präfix und bedeutet „nicht“ – also Nicht-Zeitlichkeit. Gott existiert in keiner Weise innerhalb irgendeiner Form der Zeit. Zeitlichkeit ist etwas Geschaffenes, Veränderliches und Vergängliches. Gott ist nichts davon, sodass in Gott keine Zeit existiert. Es gibt in Gott nur ein zeitloses Jetzt – Sein ganzes Wesen ist zeitgleich existierend.
Begründung
Warum sollte man diese Position einnehmen? Aus verschiedenen Gründen. Im Folgenden sollen diese Gründe kurz dargestellt werden:
- Gottes Unveränderlichkeit (Immutabilität): Gott ist unveränderlich. Nicht nur ist es biblisch gut belegt, dass Gott und Sein Wort sich nicht ändert (Ps 26, Ps 90, Mal 3, Ps 119, Ps 19), sondern auch philosophisch naheliegend: Zeitlichkeit würde Veränderungen bedeuten, da es eine Form von Vorher und Nachher in Gott gäbe: Dies ist aber aufgrund Seiner Unveränderlichkeit unmöglich. Seine Vollkommenheit lässt keinen Raum für Veränderungen, da diese implizieren, dass es besser oder schlechter werden könnte: Vollkommenheit und Unveränderlichkeit schließen also Zeitlichkeit per Definition aus.
- Gottes Einfachheit: Die Einfachheit Gottes ist eine sehr komplizierte Lehre, die in vielen verschiedenen Varianten existiert. Die Idee ist aber simpel, und dennoch schwierig: Sie lehrt, dass Gott in keiner Weise aus Teilen besteht: Es gibt keine Unterteilung im Wesen und im Sein Gottes. Da Gott völlig einfach ist, kann er sich auch nicht verändern oder wandeln. So muss man festhalten, dass auch die göttliche Einfachheit jeder Zeitlichkeit widerspricht.
- Kausalitätsproblematik: Würde Gott in der Zeit existieren und selbst keinen infiniten Regress beinhalten, würde es bedeuten, dass Gott in sich selbst einen Anfang hätte. Damit wäre Gott nicht das unum necessarium, sondern ein Teil in einer bereits vorhandenen Kausalitätskette. Anders. Wenn Gott schon immer in der Zeit existiert hat, ist er nicht Gott.
Biblische Grundlage
Die Bibel ist keine philosophische Abhandlung, weshalb sie viele Erfahrungen und Offenbarungen nebeneinander stehen lassen kann. Gen 1+2 erzählt, wie Gott Raum, Zeit und Materie erschafft. Hat Er sie erschaffen, gab es also vorher keine Zeit, oder Er existiert in einer anderen Art der Zeit. Dennoch spricht die Bibel davon, dass Gott in der Zeit handelt, auf Gebete reagiert und mit Menschen interagiert. Andererseits spricht Gott von sich selbst als den Ewigen, der immer war und sich niemals ändert, der anders als die Schöpfung unveränderlich ist. Die Bibel selbst löst diese Widersprüche nicht auf, sondern lässt sie nebeneinander stehen.
Manche würden, um die Zeitlosigkeit Gottes zu untermauern, vorbringen, dass Gott „von Anfang an das Ende verkündet“ (Jes 46,10). Das Kennen der Zukunft deutet auf eine völlige Souveränität hin. Das stimmt einerseits, anderseits gibt es mehrere Möglichkeiten, was genau die Allwissenheit Gottes ist, beinhaltet und wie sich diese zeigt. Die Ewigkeit Gottes wäre eine Möglichkeit diese zu deuten. Allerdings ist es ebenso schwierig, auf das Geradewo biblische Zitate zu zitieren und zu hoffen, sie würden eine genaue sprachliche, kontextuelle und systematische Analyse ersparen: Die Bibel ist kein Abreißkalender – man kann nicht einfach Sätze aus dem Kontext reißen und hoffen, damit das gewünschte Ergebnis zu erhalten.
Vorteil der A-Temporalität:
- Diese Position bewahrt die klare Grenze zwischen Schöpfer und Schöpfung.
- Sie ist eine Bastion des vollkommenen Wesens Gottes.
- Sie bewahrt die vollkommene Souveränität Gottes.
- Bewahrt vor unnötiger Spekulation über mögliche Veränderungen in Gott.
Nachteile:
- Erzeugt auf einer Metaebene die Debatte zwischen Ewigkeit und Zeitlichkeit.
- Offenbarung, Relation zur Schöpfung und Inkarnation werden zu einer metaphysischen Herausforderung – lösbar, aber erst einmal ist es eine Herausforderung!
Gott ist immanent in der Zeit (Temporalismus)
Position
Die zweite Position ist in gewisser Weise das radikale Gegenteil zur ersten Position: Sie sagt, dass Gott schon immer in der Zeit existiert hat – vielleicht anders wahrnimmt oder in einer anderen Form, aber in Gott gab es auch „vor“ der Schöpfung Zeitlichkeit. So erlebt Gott mit Seiner Schöpfung Zeitlichkeit – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Begründung:
- Der erste Grund ist der, dass es die einfachste Erklärung für den biblischen Befund gibt: Gott handelt, ändert Seine Meinung, spricht, hört Gebete und reagiert.
- Der zweite Grund ist die Beziehung Gottes zur Schöpfung: Beziehung braucht Interaktion und diese ist per Definition zeitlich; Dieser Position zur Folge muss Gott in der Zeit existieren, um in der Zeit handeln zu können.
- Der dritte Grund ist die Offenbarung an sich: Gott ist ein historischer, mit der Geschichte der Welt verwobener Gott. Dies schließt ein gewisses zeitliches Konzept ein.
Biblische Grundlage – Beispiele:
- Exodus 3,14: „Ich werde sein, der ich sein werde“
- Genesis 6,6: „Und es reute den Herrn, dass er den Menschen gemacht hatte.“
- 2. Könige 20,1-6: Gott verlängert das Leben Hiskias aufgrund von Gebet.
Vorteile
- Diese Haltung erschafft vordergründig keine schwierigen metaphysischen Debatten. Wenn Gott in der Zeit existiert, kann er auch in der Zeit handeln.
- Sie scheint dem biblischen Gottesbild zu entsprechen.
- Erzeugt (scheinbar) kein Problem zwischen göttlichem Plan und menschlicher Freiheit, da Gott dann nur weiß, was er selbst tun wird.
Nachteile
- Führt zu einem Open Theism, welcher wiederum nicht dem biblischen Befund vereinbar ist.
- Die Zeitlichkeit würde dann ebenfalls infiniten Charakter bekommen, was ihr einen ipso facto göttlichen Status eingesteht, was mit dem biblischen Monotheismus unvereinbar ist: Es gibt nur einen ewigen und lebendigen Gott – Jahwe!
- Zeitlichkeit bedeutet Veränderlichkeit, bedeutet Materialität, bedeutet Unvollkommenheit, bedeutet fehlende Allmacht und Allwissenheit, bedeutet keine Transzendenz, bedeutet: Jahwe nimmt zwar in Anspruch der Urgrund und das Fundament der Wirklichkeit zu sein, kann es aber per Definition nicht sein.
- Zwingt Gott in eine Kausalitätskette, welche seinem eigenen Wesen grundlegend widersprechen würde.
- Gott würde in merkwürdiger Form ein eigenes Raum/Zeit Kontinuum haben, was Gott in unsere Kategorien des Seins zerrt und damit den empirischen Beobachtungen unterwirft. Dies öffnet dem Neuen Atheismus Tor und Tür.
Kurz: Wenn in Jahwe „schon immer“ Zeit existierte, kann Er nicht Gott sein. Ein Offener Theismus ist eine merkwürdige Form des prozesstheologischen Denkens und führt entweder zum Atheismus oder zum Pantheismus.
Gott war zeitlos, aber wurde temporal (Hybrid-Modell)
Position
Diese Position stammt von William Lane Craig, welche er in einem eigenen Werk detailliert darstellt („Time and Eternity: Exploring God's Relationship to Time“, 2001) und grob in folgenden Zügen zusammengefasst werden kann. Nach William Lane Craig hat Gott vor der Schöpfung jenseits der Zeit existiert, ist aber durch die Schöpfung in die Zeitlichkeit eingetreten und existiert nun in der Zeit. Dieses Modell versucht beide vorherigen Positionen zu verbinden und zu einem kohärenten Modell zu verbinden.
Begründung
- Vor der Schöpfung kann es keine Zeit gegeben haben, da sie an Raum und Materie gebunden ist, welche in Gott nicht existieren. Also war Gott vor der Schöpfung zeitlos.
- Gott interagiert allerdings nach der Erschaffung mit Seiner Schöpfung und braucht daher ebenfalls Zeitlichkeit: Somit ist anzunehmen, dass Gott nach dem initialen Schöpfungsakt ebenfalls in die Zeit hineinging, um mit Seiner Schöpfung in Beziehung zu treten.
- Er versucht damit das Problem der Unveränderlichkeit in Gott zu umgehen, indem er behauptet, dass Gottes Wesen ursprünglich unveränderlich und zeitlos war.
Biblische Grundlage
- Johannes 1,14: „Und das Wort wurde Fleisch.“ Die Inkarnation setzt eine zeitliche Existenz Gottes voraus.
- Hebräer 1,3: Gott erhält die Schöpfung beständig, was eine fortlaufende Handlung in der Zeit nahelegt.
- Psalm 102,25-27: Gott existiert ewig, aber das Universum verändert sich.
Vorteile
- Scheint eine Brücke zwischen Gottes Unveränderlichkeit und dessen Interaktion mit der Welt zu schlagen.
- Ermöglicht das widerspruchsfreie Denken von Gebete, göttliches Handeln und der Inkarnation.
- Das Zeit/Ewigkeit Dilemma wird so gelöst.
Nachteile
- Auch wenn Craig es schafft, die Unveränderlichkeit zu verteidigen, gibt es schließlich doch eine Veränderung in Gott und es stellt sich auch die Frage, wie ein zeitloser, unveränderlicher Gott „in die Zeit“ eintreten soll, wenn es doch Teil Seines Wesens ist, nicht zeitlich zu sein. Hat sich Gottes Wesen dadurch verändert?
- Zeitlichkeit nivelliert das ganze Wesen Gottes, wie fallende Dominosteine. Es bleibt ungeklärt, wie das Wesen Gottes in der Zeitlichkeit bewahrt werden soll, ohne in pagane Gottesbilder zu verfallen.
- Wenn Gott in der Zeitlichkeit existiert, dann auch in Raum und Materie: inwiefern ist Gott dann nicht Teil des uns zugänglichen Universums? Es bräuchte einen extremen Nominalismus, um eine solche Philosophie zu rechtfertigen.
- Es stellt sich die Frage, ob die Fragen, die dadurch gelöst werden sollen, nicht eigentlich doch ungelöst bleiben und zeitgleich noch vielerlei andere schwerwiegende metaphysische Probleme erzeugt.
Gott ist omnitemporal (Allzeitlich)
Position
Philosophie der Zeit und Metaphysik hat viele Facetten und oft sind die Nuancen sehr gering. So auch hier: die vierte Position ist eine Variante der ersten. Sie stellt die These auf, dass Gott nicht im eigentlichen Sinne ewig – zeitlos – ist, sondern dass in Gott alle Zeiten gleichzeitig präsent sind. Gott existiert zwar in der Zeit, aber für Ihn gibt es keinen zeitlichen Fluss, da alle Zeiten und jeder Moment in Ihm präsent sind.
Begründung
- Diese Position versucht das Undenkbare zu denken: Gott ist ewig und ist es nicht. Er ist in einem gewissen Sinn zeitlich, aber nicht im linearen Sinn. Zeit existiert auch in Gott, sie ist Teil Seines Wesens, aber in ganzheitlichem Sinn: Er ist insofern zeitlich, dass Zeit in Gott existiert und ist insofern ewig, dass alle Zeiten gleichzeitig in Ihm präsent sind.
- Diese Position kann die Unveränderlichkeit und Ewigkeit Gottes verteidigen und gleichzeitig die biblische Wahrnehmung Gottes bestätigen.
- Gott ist so ewig und kann dennoch in der Zeit handeln, ohne, dass sich Seine Essenz ändern würde.
Biblische Grundlage
- Offenbarung 1,8: „Ich bin das Alpha und das Omega, der Anfang und das Ende.“
- Matthäus 22,32: „Gott ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebenden.“
- Psalm 139,16: Gott kennt bereits alle Tage, bevor sie geschehen.
Vorteile
- Sie verbindet Ewigkeit und Zeitlichkeit.
- Ermöglicht Freiheit und Vorhersehung simultan zu denken, ohne ontologische Debatten über das Wesen Gottes, des Menschen und der Freiheit.
- Kann erklären, wie Gott sich ohne Veränderung offenbaren kann.
Nachteile
- Unklare metaphysische Grundlage: Wie kann etwas all-zeitlich existieren? Potentieller logischer Widerspruch.
- Unklare Differenzierung zum Determinismus
- Führt hintenherum zu Debatten über das Wesen der Zeit und damit letztlich über das Wesen der Freiheit.
- All-Zeitlichkeit hat ein unklares und schwierig zu erkennendes Verhältnis zur linearen Zeit: Es braucht hier mehrere Formen und Definitionen von Zeit, um die Verhältnisbestimmung deutlich werden zu lassen.
- Allzeitlichkeit hat ein unklares Verhältnis zu Raum und Materie: Ist es mehr Zeitlichkeit oder mehr Ewigkeit? Wenn ersteres zutrifft ist dann in Gott auch alle Materie und der ganze Raum gleichzeitig präsent und wie ließe sich dann Gott vom Universum trennen?
Fazit und apologetische Bedeutung
Es hat sich gezeigt, dass alle Positionen Stärken und Schwächen haben. Um die eigenen Positionen zu finden, muss man sich ein paar Fragen stellen:
- Welchen Stellenwert haben philosophische Reflektionen in meiner Theologie? Anders gefragt: Wie oft stelle ich die Frage „Warum“? Kann mein Denken über Gott rational vor mir selbst rechtfertigen?
- Wieviel Energie bin ich bereit, die Spannungen innerhalb der biblischen Offenbarung einfach auszuhalten? Bis zu einem gewissen Punkt bleibt immer die simple Erkenntnis, dass das Wesen Gottes jedes Verstehen übersteigt. Wo setze ich die Grenze?
- Diese religionsphilosophischen Unterscheidungen sind wichtig: Meine Theologie, mein Denken über Gott, manifestiert sich im ganzen christlichen Leben – auch in der Apologetik. Wenn ich mich damit nicht eingehend beschäftigen will, bin ich mir wenigstens der Grenzen meiner eigenen Sicht bewusst?
- Wie tief gehen meine eigenen Fragen und die meiner Mitmenschen?
Die Antworten auf diese Fragen entscheiden letztlich, wie tief Du Dich mit diesen komplexen philosophischen Fragen auseinandersetzen musst oder darfst. Eines aber muss klar sein: In jedem Fall muss ich mir der Stärken und Schwächen der eigenen Position bewusst sein und diese reflektieren. Klar muss auch sein, dass weder die Philosophie, noch der biblische Befund völlig eindeutig sind. In jedem Fall bleiben Spannungen und Fragen offen.