Die Dreieinigkeit und die Zeugen Jehovas (3/3)

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Simon Garrecht
veröffentlicht am 9.7.2024

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In Gesprächen mit Zeugen Jehovas, die sich um die Dreieinigkeit drehen, wird sowohl von Christen als auch von ZJ in der Regel der Fokus auf die angezweifelte Göttlichkeit Jesu und sein Verhältnis zum Vater gelegt. Doch ebenso wichtig ist es, die Gottheit des Heiligen Geistes und seine Rolle innerhalb der Dreieinigkeit zu betonen. Man wird Zeugen Jehovas regelrecht auf dem kalten Fuß erwischen, wenn man entsprechende Bibelstellen anführt. Der Heilige Geist ist nach dem Verständnis der Wachturm-Gesellschaft nur „Gottes Macht in Aktion“ oder auch seine „wirksame Kraft“. Keine Person und schon gar nicht göttlich oder Teil der von Zeugen Jehovas abgelehnten Dreieinigkeit. 

Was den ZJ dabei in die Karten spielt, ist, dass auch wir Christen oftmals nicht sehr sprachfähig sind, wenn es um das Wesen und die Eigenschaften des Heiligen Geistes (außerhalb seiner Kraftwirkungen) geht. So habe ich von einem Theologie-Studenten gelesen, der sagte:  „Gott, der Vater, leuchtet mir ein, und Gott, der Sohn, kann ich durchaus verstehen; aber der Heilige Geist ist ein grauer, länglicher Fleck.“ Für viele ist der Heilige Geist nur ein Anhängsel. Er ist zwar auch noch irgendwie da, aber man weiß nicht so richtig, wie man mit ihm umgehen soll. Und so fand er auch in der Kirchengeschichte manchmal eine etwas stiefmütterliche Behandlung. Auch wenn deutlich wird, dass er eine Person ist, legt die Bibel häufig eher den Fokus darauf, wie Menschen den Heiligen Geist erleben. So kennt sie verschiedene Bilder und Symbole für den Heiligen Geist. 

Bei der Taufe von Jesus heißt es, dass der Geist Gottes wie eine Taube auf ihn herabkam (Mt 3,16). Dort steht nicht, dass er als Taube auf ihn kam. Sondern WIE eine Taube. Es ist eine bildhafte Sprache, die verdeutlicht: Wie eine Taube vom Himmel runter auf die Erde kommt, so kommt der Geist Gottes hier vom Himmel herunter auf Jesus. Der Gedanke ist: Von oben, von der himmlischen Wirklichkeit, kommt der Geist Gottes in unsere erfassbare, erlebbare Welt herunter. Eine Wirklichkeit Gottes dringt ein in unsere Welt. Daher ist es nicht ganz falsch, wenn die Zeugen Jehovas den Heiligen Geist stark mit dem Handeln Gottes in Verbindung bringen. Doch liegen sie daneben, wenn sie als „Gottes Macht in Aktion“ missverstehen, statt anzuerkennen, dass der Heilige Geist „Gott in Aktion“ ist! Gott handelt aktiv in seiner Schöpfung. Er hat die Welt nicht erschaffen, einzelne Naturgesetze eingesetzt, zieht sie auf wie eine Spieluhr und schaut von außen zu. Er wirkt aktiv in unsere Welt ein, durch den Heiligen Geist und als Heiliger Geist.

An vielen Bibelstellen wird dabei deutlich, dass er weit mehr ist als eine Kraft. 

Der Heilige Geist ist eine Person

Jesus spricht von ihm folgendermaßen:

Johannes 14,26 Aber der Tröster, der Heilige Geist, den mein Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.

Das sind Eigenschaften, die eine Kraft nicht hat. Eine Kraft kann uns nichts beibringen und uns auch nicht trösten. Das kann nur eine Person. Der Heilige Geist ist also eine Person.

Paulus schreibt über die Gaben des Geistes Folgendes:

1. Korinther 12,11 Dies alles aber wirkt ein und derselbe Geist, der jedem persönlich zuteilt, wie er will.

Der HG teilt uns Gaben aus - wie er will. Er hat also einen Willen. Eine Kraft hat keinen Willen, das haben nur Personen. Wenn man diese Stelle anführt, antworten meiner Erfahrung nach die Zeugen Jehovas, die nicht überfordert und planlos sind, meistens damit, dass sie sagen, dass der Heilige Geist die Kraft sei, mit der Gott diese Gaben austeile. Doch heißt es hier klar und deutlich, dass der Geist Gottes a) einen Willen hat und b) gemäß seines eigenen Willens, diese austeilt.

Kleine Randbemerkung: Gemäß einem trinitarischen Verständnis sind sich der Vater, der Sohn und der Heilige Geist in ihrem Willen einig. Es ist also kein Konkurrenzkampf verschiedener trinitarischer Personen, bei der sich mal der eine oder mal der andere durchsetzt.

An mehreren Stellen wird von der Kraft des Heiligen Geistes gesprochen. Von dem Heiligen Geist als reiner Kraft auszugehen, würde viele Stellen absurd erscheinen lassen:

Römer 15:13 Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben, dass ihr immer reicher werdet an Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes.

Hier hieße es dann: „Durch die Kraft der Kraft“ 

1. Korinther 2:4: und mein Wort und meine Predigt geschahen nicht mit überredenden Worten der Weisheit, sondern im Erweis des Geistes und der Kraft,

„Im Erweis der Kraft und der Kraft“? Das scheint keine besonders sinnvolle Deutung der Stellen zu sein.

Sinnvoll kann dabei sein, die Diskussion um die Personhaftigkeit des Heiligen Geistes von der um seine Gottheit zu trennen. Zeugen Jehovas verweisen in ihrer Argumentation gerne auf Bibelstellen, welche eine hervorgehobene Rolle des Vaters betonen oder ihrer Ansicht nach betonen sollen. Wir dürfen und sollen mit ihnen auch diese ganze Meile im Gespräch gehen. Doch bereits dann, wenn wir belegen können, dass der Heilige Geist eine Person ist, sollte das ausreichen, um einen Zeugen Jehovas ernsthaft ins Nachdenken über die ihm vermittelte Lehre zu bringen. For the sake of Argument: Selbst wenn der Heilige Geist laut Bibel, anders als trinitarische Christen es glauben, nur eine Art untergeordneter Semi-Gott wäre - was er dann dennoch auf jeden Fall wäre, ist eine Person. Alleine das mal zu zementieren, ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung für einen Zeugen Jehovas.

Es gibt noch viele weitere solcher Stellen, welche verdeutlichen, dass der Heilige Geist personelle Eigenschaften hat und demnach eine Person ist:

Er gibt Zeugnis - Joh 15,26; Römer 8,16
Er nimmt sich uns an - Römer 8,26
Er hat Absichten Römer 8,27
Er erforscht die Tiefen Gottes, des Vaters - 1. Kor 2,10
Er lehrt 1. Kor 2,13
Er kennt die Gedanken Gottes des Vaters - 1. Kor 2,11
Er verbietet - Apg 16,6-7
Er spricht Apg 8,29; 13,2)
Er bewertet Apg 15,28
Er stärkt Eph 3,16
Er kann betrübt werden Eph 4,30
Er liebt - Römer 15,30 

Lehren, lieben, stärken, sprechen, erforschen, Absichten haben - das alles machen nur Personen. Eine Energie kann uns nichts beibringen. Eine Energie kann man nicht betrüben. Usw.

Nun wird auf der Webseite der Zeugen Jehovas dagegen eingewendet, dass ja auch anderes in der Bibel personifiziert wird, nämlich der Tod, die Sünde oder die Weisheit (siehe etwa Sprüche 1:20; Römer 5:17.21; Matthäus 11:19, Lukas 7:35). Doch hier besteht der Unterschied darin, dass die Aussagen über die personenhaften Eigenschaften des Heiligen Geistes ganz offensichtlich nicht poetisch sind. Sie tauchen auf in historischen und lehrhaften Texten, während etwa die Personifizierung der Weisheit als Teil der Weisheitsliteratur ganz offensichtlich einen poetischen Charakter hat. 

Der Heilige Geist ist aber nicht nur eine Person.

Der Heilige Geist ist Gott

Das sehen wir unter anderem in der Apostelgeschichte:
 

Apostelgeschichte 5:3-4 Petrus aber sprach: Hananias, warum hat der Satan dein Herz erfüllt, dass du den Heiligen Geist belogen und etwas vom Geld für den Acker zurückbehalten hast? 4 Hättest du den Acker nicht behalten können, als du ihn hattest? Und konntest du nicht auch, als er verkauft war, noch tun, was du wolltest? Warum hast du dir dies in deinem Herzen vorgenommen? Du hast nicht Menschen, sondern Gott belogen.

Erstmal sehen wir auch hier wieder: Der Heilige Geist kann belogen werden, was eine personale Eigenschaft ist. Doch auch noch darüber hinaus noch etwas anderes wichtiges gesagt. In Vers 3 spricht Petrus davon, dass Hananias den HG belogen hat und in V4, dass er Gott belogen hat. Hier findet also eine Gleichsetzung von dem Heiligen Geist und Gott statt = Der Heilige Geist ist Gott.

Eine weitere interessante Stelle:

Apostelgeschichte 13,1-2 Es waren aber in Antiochia, in der dortigen Gemeinde, Propheten und Lehrer: Barnabas und Simeon, genannt Niger, und Luzius von Kyrene und Manaën, der mit Herodes, dem Vierfürsten, auferzogen worden war, und Saulus. 2 Während sie aber dem Herrn dienten und fasteten, sprach der Heilige Geist: Sondert mir nun Barnabas und Saulus zu dem Werk aus, zu dem ich sie berufen habe!

Auch hier wieder: Der Heilige Geist beruft - tritt also als Person auf. Und: Er beruft zwei Menschen zu einem Dienst. Man soll für ihn Menschen aussondern, für seinen Dienst also. Auch das macht seine Göttlichkeit deutlich. Der Heilige Geist ist Gott. 

Wenn wir von dem Heiligen Geist sprechen, dann sprechen wir von Gott. Das wird auch am Taufbefehl deutlich, in dem es heißt:

Matthäus 28,19 Geht nun hin und macht alle Nationen zu Jüngern, und tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes,

Wenn Menschen getauft werden, dann auch auf den Namen des Heiligen Geistes.  Wie komisch wäre es, dass Jesus das sagt, wenn der HG nicht göttlich wäre? Man stelle sich vor, hier würde stehen: „Tauft sie auf den Namen des Vaters und des Abrahams und des Königs Davids“, oder: „Tauft sie auf den Namen des Vaters und des Moses und des Johannes." Dass in der Taufformel, in der sich Menschen, die Christen werden, zu irgendwem anderen als Gott selbst bekennen, wäre sehr seltsam. Das macht deutlich, dass der HG nicht nur eine Kraft ist. Oder eine Person, aber an der Seite von Gott. Sondern selbst Gott.

Nun antworten Zeugen Jehovas häufig, indem sie Bibelstellen anführen, in denen der Vater, der Sohn und der Heilige Geist separat aufgeführt werden, etwa bei der Taufe Jesu. Das würde zeigen, dass sie nicht dieselbe Person sind. Dazu kann man sagen: JA. Das sind sie auch nicht. Das sagt die Dreieinigkeitslehre aber auch überhaupt nicht. Sehr viele Kritiken an der Dreieinigkeit, die ich von Zeugen Jehovas und anderen höre, zeugen davon, dass diese sie falsch verstehen. Die Bibel lehrt uns nicht den Glauben an drei Götter. Christen glauben an einen Gott, der sich in drei Seinsweisen zeigt. Der in drei Personen existiert. Drei Personen, die alle dieselbe göttliche Natur teilen. Vater, Sohn und HG sind alle gleichermaßen teilhaftig derselben göttlichen Natur. Und doch haben sie unterschiedliche Rollen, wie etwa in Passagen wie 1. Petrus 1:1-2 sichtbar wird. 

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass sowohl die Personhaftigkeit als auch die Gottheit des Heiligen Geistes aus den biblischen Texten hervorgeht. Wer die entsprechenden Stellen kennt, wird in einem wichtigen Bereich sprachfähig sein und dadurch in der Lage, Zeugen Jehovas zum Nach- und hoffentlich auch Umdenken bewegen zu können.